Therapie mit Immunglobulinen in der Praxis

Professor Schmidt erklärt, was Immunglobuline eigentlich sind, wie sie hergestellt werden und warum sie bei einer Autoimmunerkrankung wie die CIDP so gut eingesetzt werden können.

Wie werden Immunglobulinpräparate hergestellt?

Immunglobuline werden aus dem Blutplasma von Spendern gewonnen. Erst nach ärztlicher Voruntersuchung können gesunde Erwachsene regelmäßig Blut oder Blutplasma spenden. Für den weiteren Herstellungsweg wird das Plasma von 1.000 bis 2.000 Personen gesammelt, erneut getestet und zusammengeführt. Das Plasma – der flüssige Anteil des Blutes – wird dann in einem standardisierten Verfahren in mehreren Schritten aufgereinigt, um unerwünschte Bestandteile herauszufiltern. In diesem Plasma befinden sich nun die gesammelten Antikörper aller Blutspender. Jeder Mensch trägt Antikörper in sich, diese bilden einen wichtigen Teil des Immunsystems. Da jeder Spender ganz unterschiedliche Antikörper beiträgt, ist in der Plasma-Mixtur der verschiedenen Spender eine große Breite unterschiedlicher Antikörper vorhanden. Dadurch entsteht die hohe Wirksamkeit von Immunglobulinen.

Warum helfen Immunglobuline bei der CIDP?

Neben den mit dem Arzt besprochenen Therapiemaßnahmen gilt grundsätzlich für CIDP-Patienten das Gleiche wie für uns alle auch: Eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung sind für eine gesunde Lebensführung wichtig. Dabei sollten CIDP-Patienten möglichst kontinuierlich eine speziell auf sie zugeschnittene Krankengymnastik wahrnehmen. 

Wie werden Immunglobuline verabreicht?

Immunglobuline werden meist intravenös, d. h. in die Vene verabreicht. Die Infusion wird in der Regel ambulant durchgeführt. Die Dauer der Infusion ist abhängig von der Dosis und davon, wie der Patient die Immunglobuline verträgt. Meist dauert eine Infusion 1–2 Stunden. Mittlerweile gibt es auch die Möglichkeit, Immunglobuline subkutan zu verabreichen, d. h. unter die Haut. Dies kann der Patient eigenständig zu Hause durchführen, aber genauso auch auf Reisen unterwegs. 

Was kann der Patient bei der Behandlung erwarten

Bei der ersten Behandlung bekommen die Patienten zunächst an mehreren Tagen hintereinander intravenös Immunglobuline verabreicht, danach reicht in der Regel eine Infusion alle 3–4 Wochen. Typischerweise merken Patienten im aktiven Stadium der Erkrankung innerhalb von Tagen bis Wochen eine positive Wirkung der Therapie. Je nach Verlauf der Erkrankung bessern sich die Symptome der CIDP oder verschwinden fast vollständig. 

„Im weiteren Verlauf kann eine intravenöse Therapie alternativ auf eine subkutane Anwendung umgestellt werden.“

Dieser positive Effekt hält meist bis zur nächsten Immunglobulin-Infusion an. Im weiteren Verlauf kann eine intravenöse Therapie alternativ auf[BCD1] eine subkutane Anwendung umgestellt werden. Diese kann – nach fachgerechter Schulung – vom Patienten selbst zu Hause und auch unterwegs auf Reisen durchgeführt werden. Hierdurch werden Patienten bei der Therapie sowohl zeitlich als auch räumlich unabhängig und flexibel. Welche Infusionsform für einen Patienten geeignet ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, die der behandelnde Arzt gemeinsam mit dem Patienten bespricht und individuell abwägt. Immunglobuline gelten als nebenwirkungsarme Therapie und werden von den meisten Patienten gut vertragen. Patienten müssen übrigens keine erhöhte Infektanfälligkeit befürchten. Auch muss die Therapie mit Immunglobulinen während einer Erkältung oder anderen Infektionskrankheiten nicht unterbrochen werden. 

Können Immunglobuline bei CIDP dauerhaft angewendet werden?

Je nach Krankheitsverlauf brauchen Patienten häufig eine lebenslange Therapie. Es gibt wenige Patienten, die nach einiger Zeit so stabil sind, dass sie weniger oder gar keine Medikamente mehr benötigen. Grundsätzlich sind Immunglobuline für eine Langzeittherapie sehr gut geeignet. Sie sind auch langfristig nebenwirkungsarm, während Kortison auf Dauer bei fast jedem Patienten zu Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme oder Wassereinlagerungen führt. Gerade für ältere Patienten ist die Gefahr der Entstehung oder Verschlechterung eines Diabetes mellitus durch eine länger andauernde Kortisongabe ein Problem. Die Plasmapherese, also ein direkter Austausch des Blutplasmas, kann in der Akutphase der Erkrankung notwendig sein, ist aber aufwendig und nur stationär durchführbar und deswegen als Dauertherapie ebenfalls nicht gut geeignet.

Prof. Dr. med. Jens Schmidt Klinik für Neurologie, Neuromuskuläres Zentrum Universitätsmedizin Göttingen

Prof. Dr. med. Martin Stangel

Klinik für Neurologie,
Medizinische Hochschule Hannover

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Prof. Dr. med. Min-Suk Yoon

Klinik für Neurologie und Stroke Unit,
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